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Strahlen, Kuben und Symbole

Ausstellung «Momente des Lebens» von Ge Gessler in Kappel

Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern am 1999-10-16
AutorIn: Annemarie Stüssi / Bilder: zvg

Zwar wurde die Ausstellung zum 75. Geburtstag des Künstlers konzipiert, doch eine Rückschau erwartet die Besucher und Besucherinnen im Haus der Stille und der Klosterkirche Kappel eigentlich nicht. Vielmehr stammen die meisten Bilder aus den 80er und 90er Jahren und strahlen lebensvolle Frische aus. Die Finissage findet Sonntag, 31. Oktober, statt. Nicht verpassen!

von Annemarie Stüssi

Obwohl die Werke von Ge Gessler in gegenständlicher Manier gemalt sind, werden sie fast immer von den Formen der Geometrie geprägt. Sehr schön kommt dies in den 1992 entstandenen Bildern «Amalfi» zum Ausdruck, wo die steil ansteigenden Häuser zu Vierecken reduziert beziehungsweise stilisiert werden, während die Berge im Hintergrund sich als kühne Dreiecke gegen den Himmel hin erheben. Durch diese abstrahierende Darstellung werden die Bilder befreit von jedem Ferien- oder Souvenir-Charakter, ohne dass dabei der Charme der süditalienischen Landschaft verloren geht. Ähnliche Prozesse stellen sich auch bei den biblischen Motiven des Künstlers ein. Zwar sind beispielsweise Sujets wie «Jakob ringt mit dem Engel» oder «Bergpredigt» klar erkennbar, und doch handelt es sich nicht um rein christliche Darstellungen, vielmehr geht es dem Künstler in erster Linie um ein Stück Malerei mit ihren ganz bestimmten formalen Gesetzen und sodann um eine tiefere Symbolik. Wenn das Bild «Bergpredigt» gleichzeitig den Titel «Der Prophet» trägt, so könnte man sich auch eine ganz andere prophetische Situation vorstellen, als jene der biblischen Bergpredigt.

Reisen in den Süden und nach Innen

Immer wieder ist es die Mittelmeerlandschaft, die Ge Gessler inspiriert. Besonderen Zauber strahlt beispielsweise As Aquarell «Provence/Luberon» aus, welches in durchsonnten und gleichwohl gedämpften Farben das unverwechselbare Licht des südlichen Rhöntals spiegelt. Und auch hier sind es wieder die Formen der Geometrie, welche dem kleinen Bild einen Gehalt, der über das rein Stimmungsmässige hinausgeht, verleihen. Wenn der Künstler immer wieder Leuchttürme malt, so steht dahinter zwar bestimmt das Augenerlebnis des kühnen Baus gegenüber der Ungeschütztheit der Meere. Gleichermassen aber steht der Leuchtturm doch wohl auch für das geistig Richtungsweisende im Leben, für jene Kraft, die zur Orientierung verhilft und in den Stürmen des Lebens Sicherheit vermittelt. Strahlen und Leuchten sind Begriffe, die sich beim Betrachten von Gesslers Arbeiten immer wieder einstellen und die sowohl formal als auch aussagemässig begründet sind.

Das Leben als Reise und Theater

Es kann nicht Zufall sein, dass der Künstler während langer Zeit als Bühnenbildner tätig war und zuvor beim legendären Theo Otto am Zürcher Schauspielhaus eine entsprechende Ausbildung durchlaufen hat. Das Flächige, das viele seiner Arbeiten charakterisiert, wurde zweifellos den Ansprüchen der Bühne gerecht, gleichzeitig aber betrachtet vermutlich Gessler das Leben als eine Art grosse Bühne, auf der jeder seine Rolle sucht und wenn er Glück hat — findet. Doch auch der Begriff der Reise spielt im Werk von Ge Gessler eine zentrale Rolle. Neben den bereits erwähnten Reisen in den Süden ist es doch wohl vor allem die grosse Lebensreise, die ihn beschäftigt und bewegt. Ganz besonders eindrücklich kommt dies in der Trilogie «Endstation Sehnsucht» zum Ausdruck. Auch wer den Bezug zum gleichnamigen Theaterstück nicht herzustellen vermag, wird in der Eisenbahnschienenlandschaft, die anfänglich der Sonne entgegen strebt und sich schliesslich im violettblauen Abendhimmel auflöst, eine Symbolik zum eigenen Leben oder aber zum Leben als solchem herauslesen können. Abschied von der Bühne, vielleicht der Bühne des Lebens, strahlt auch das heiter-melancholische Bild «Abschiedsvorstellung» aus, auf dem ein Mimenpaar mit Blumen im Arm, umgeben von Requisiten, dem Publikum entgegenblickt.

Abschied ist nun auch das Stichwort für die gegenwärtige Ausstellung im Haus der Stille und Besinnung sowie in der Klosterkirche Kappel, denn bereits am kommenden Sonntag, 31. Oktober ist Finissage. Sonntag, 31. Oktober, 16. Uhr: Finissage mit Ansprache von .Dr. Martin Christen, Aeugst, und Bildbesprechung von GeGe. Musikalische Umrahmung mit dem Violintrio Barbara Bolliger, Annina Wöhrle und Silvan Wöhrle. Anschliessend Apéro im Klosterkeller.


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